Wie finde ich den richtigen Coach?

Ich wurde letztens gefragt ob es dafür eine Anleitung gibt, da das eine ziemlich frustrierende wenn nicht gar entmutigende Aufgabe darstellt. Wenn der akute Bedarf ist, ist der naheliegendste Ansatz sicher die Frage nach Empfehlungen. Was ein guter Ansatz sein kann.

Alternativ ist es typischerweise eine Google-Suche nach Coaching und Postleitzahl. Das ergibt nur so viele Ergebnisse, dass einen die Zahl der Websites die man nun durchforsten könnte, schon vorher ermüdet – wenn nicht sogar total entmutigt. Und die wenigsten Websites sind dann auch noch besonders aussagekräftig. Um das schonmal ein wenig einzugrenzen, schlage ich vor ein paar Gedanken vorab zu wälzen.

Vorauswahl

Was ist das vorrangige Thema oder meine aktuelle Herausforderung, die mich zu der Suche veranlasst? Es macht einen Unterschied,

  • ob ich über eine Scheidung von meinem Ehepartner nachdenke
  • mit meiner neuen Führungsposition überfordert bin,
  • mit meiner Elternrolle hadere,
  • die Person im Spiegel nicht mag,
  • über eine berufliche Neuorientierung nachdenke
  • oder a la Midlifecrisis das Bedürfnis habe, mein Leben und den Weg dahin mal in Ruhe zu reflektieren um zu überlegen was ich ändern möchte.

Für alle diese Themenbereiche gibt es Coaches, die sich darauf spezialisiert haben oder sie in ihrem Themenspektrum aufführen. Was nicht heißt, dass sie in anderen Fällen nicht weiterhelfen könnten,
aber da bringen sie tiefergehendes Wissen, Erfahrung und besonderes Interesse mit. Gerade zum Einstieg kann das helfen, sich richtig aufgehoben zu fühlen.

Auch die Frage nach der grundsätzlichen Sympathie ist durchaus hilfreich. Sowie der Gedanke, ob ich mich mit meinem Thema eher bei einem Mann oder einer Frau wohl fühle. Ob mir eher eine ältere, erfahrene Person oder jemand junges mit einer frischen Ausstrahlung lieber ist.

Oder gibt es andere Ein- oder Ausschluß-Faktoren, die für mich wichtig sind um Vertrauen aufbauen zu können bzw. es verhindern würde. Bestimmte Methoden, Berufserfahrungen, Überzeugungen usw.

(Für mich persönlich wäre eine ältere Frau in sehr fürsorglicher Elternrolle mit NLP-Begeisterung und dem Glauben an Globuli z.B. ein absolutes NoGo. Für jemand anderen vielleicht genau richtig.)

Mensch & Methode

Der wichtigste Faktor in einer erfolgreichen Coachingarbeit ist die Beziehung. Punkt. Sie ist die Basis für unser Vertrauen, gelingende Kommunikation und damit Wirksamkeit. Die höchste Qualifikation ist nichts wert, wenn ich mich mit dem Menschen so unwohl fühle, dass ich mich nicht öffnen kann.

Gleichzeitig ist natürlich nicht jeder sympathische Mensch ein guter Coach. Und selbstverständlich ist professionelles, tiefgründiges KnowHow, die fundierte Umsetzung der Methoden und auch die Vermittlungs-/Kommunikationskompetenz von großem Wert. Wenn man weiß, dass es BusinessCoach-Ausbildungen gibt, die nicht viel mehr sind als ein Wochenend-Seminar gruselt es jeden seriösen Coach. Andererseits sind mir auch Coaches bekannt, die einige der höchsten Zertifikate vorweisen können, sich aber andererseits so verhalten, dass bei mir alle Alarmglocken klingeln.

Macht das Ganze für den Suchenden nicht einfacher, leider. Ich würde den ersten Part also zusammenfassen unter: ich muss mich fachlich gut und sicher aufgehoben fühlen und gerne mit dem Menschen arbeiten wollen.

Das gewisse Muss.

Wie es mal eine Coaching-Koryphäe ausdrückte „es ist vor allem wichtig, dass der Coach eine weiße Leinwand ist“. Passend, aber erklärungswürdig.

Sich für Psychologie zu interessieren hat immer einen Grund. Und der ist fast zwangsläufig Betroffenheit, was im ersten Moment vielleicht abschreckend klingt. Wer will schon einen Therapeuten, der selbst einen Therapeuten braucht. Wer will einen Coach, der selbst Hilfe bräuchte.
Andererseits… führt kein erlerntes Fachwissen dazu, zu wissen wie sich ein Trauma, eine PTBS, eine Depression, usw. wirklich anfühlt. Intellektuell verstehen: ja, emotional wirklich nachfühlen: nein.
Und dieses wirklich fühlen und verstehen macht einen Unterschied. Auch im Coaching macht es also Sinn, einen Menschen gegenüber zu haben, der schon vieles selbst erlebt hat.

Aber eben auch so überwunden, dass es die Bewertung einer Situation nicht mehr einfärbt. Ich würde es auch innerlich aufgeräumt nennen. Oder triggerfrei, autonom, die eigenen Themen im Griff. D.h. so reflektiert und klar sein, dass die eigenen Themen nicht unbewusst den Coachingprozess beeinflussen.

Vorsicht.

Auch ein Coach bleibt immer Mensch und darf sich menschlich verhalten. Sich aufregen, schimpfen, traurig, ängstlich, frustriert oder genervt sein. In der Pandemie wurden die Nerven aller Menschen strapaziert, da ist das z.B. sicher allzu verständlich.
Wenn dabei aber wiederholt etwas durchscheint, das im eklatanten Widerspruch zu diesem inneren Aufgeräumtsein steht, lohnt es sich genauer hinzusehen. Warnzeichen wären für mich:

  • Das Bauchgefühl bzw. die Intuition grummelt deutlich.
  • Da startet jemand mit der Beratung oder dem Coaching, obwohl es noch gar keine Vereinbarung dazu gibt.
  • Du fühlst Dich in eine bestimmte Richtung gedrängt.
  • Du hast das Gefühl kaum zu Wort zu kommen, der Coach redet eindeutig mehr als Du.
  • Deutliche Gehässigkeiten, Geläster, Arroganz auf den SocialMedia Kanälen erkennbar.
  • Eine ausgeprägte Vorliebe für Enthüllungsjournalismus, bei jemandem dem Du viel vertrauliches erzählen wirst.

Also: keine sichtbar unaufgearbeiteten emotionalen/psychischen Themen! Jeder Coach hat eine eigene Geschichte. Nicht alles lässt sich vollständig auflösen. Wichtig ist aber, dass die eigenen Themen nicht die professionelle Haltung im Beratungsprozess beeinträchtigen.

D.h. ich muss mir als Coach meiner eigenen Triggerthemen so bewusst sein, dass ich spüre, wenn sie anspringen, bevor sie mein Verhalten beeinflussen. Und mich dann selbst so gut steuern können, dass ich das verhindern kann. Dummerweise gibt es dafür keinen Nachweis, kein Zertifikat. Es gibt Ausbildungen, wie die TA, die auf diesen Aspekt sehr großen Wert legen, doch eine Garantie gibt es leider nie.

Eine einfach abzuhakende Kriterienliste ist das also nicht. Aber vielleicht hilft es ein bisschen klarer an die Suche zu gehen und an der ein oder anderen Stelle ein bisschen genauer hinzugucken und dem Bauchgefühl mit gutem Gewissen eine Mitsprache einzuräumen.

Und bei denen sich das auf den ersten Blick richtig anfühlt, dann einfach ein kostenloses Kennenlerngespräch anfragen und ggf. nachhaken, fragen, reinspüren ob es passt. Viel Erfolg!

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