Das ultimative Ziel: Autonomie

Das ultimative Ziel eines Transaktionsanalytikers ist die Autonomie: …die Fähigkeit zum lebendigen und unmittelbaren Selbstausdruck und Beziehungsfähigkeit durch offene und aufrichtige Kommunikation ohne psychologische Spiele.

Der Begriff Autonomie stammt aus dem Altgriechischen αὐτονομία setzt sich aus αὐτός autós ‚selbst‘ und νόμος nómos ‚Gesetz‘ zusammen. Also ein Zustand der Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Souveränität, Selbstverwaltung oder Entscheidungs- bzw. Handlungsfreiheit.

Klingt gar nicht so kompliziert, ist es aber.

Ein typisches Beispiel

Stell Dir vor Du bist Hals über Kopf verliebt, die komplette Dosis von Schmetterlingen im Bauch. Ihr kommuniziert über irgendeinen Messenger wie Whatsapp oder Threema. Ihr hattet ein sensationelles Date und Du kannst es gar nicht abwarten sie/ihn wiederzusehen. Du schreibst und wartest. Siehst etwas später, dass die Nachricht angekommen und gelesen wurde. Aber noch keine Antwort. Ein kleiner Seufzer, hoffen und warten. Du guckst immer wieder mal rein um zu gucken, ob Du vielleicht was verpasst hast. Siehst, dass sie/er vor kurzem online war. Siehst „schreibt“ im Status, Du wartest, es passiert nichts. Plötzlich ist auch das „online“ verschwunden. Was passiert jetzt alles in Deinem Kopf? Welche Szenarien malst Du Dir aus? Welche Fragen stellst Du Dir? Kennst Du?

Autonom wäre es gelassen zu bleiben und geraderaus nachzufragen, zu sagen wie es Dir geht. Keine Unterstellungen, keine Wut, keine Traurigkeit. Neugieriges Nachfragen und offen zu Dir stehen.

Machst Du das? Doch nicht so einfach, oder? Wie ist das wenn es nicht um eine neue Flamme, sondern um Deinen Chef geht? Oder mit einem Familienmitglied, mit dem es öfter mal kriselt?
Wir bilden aus kleinen Informationsbruchstücken oft ganze Hintergrundszenarien „Wir kennen die Person ja, wissen was da gerade läuft.“ Wir interpretieren, was die Gründe für das Verhalten sind und aufgrund dessen werden wir wütend, traurig oder ängstlich. Und aufgrund dieser Gefühle handeln wir dann. Meist nicht auf besonders hilfreiche Art.

Autonomie wäre spontan zu fühlen und wahrzunehmen wie es mir geht und das offen und aufrichtig zu kommunizieren. Und mich darauf einzulassen was dann passiert.

Was hilft

Je tragfähiger, vertrauter, erprobter und verlässlicher eine Beziehung, umso eher ist das natürlich möglich. Andererseits kann eine Beziehung das auch nur entwickeln, wenn man sich in ihr öffnet. Sich quasi zumutet. Das braucht am Anfang eine gute Portion Mut, die sich aber meistens lohnt. Und anhand der dann folgenden Reaktion gleichzeitig ein gutes Indiz ist, welche Beziehung es lohnt in sie zu investieren.

Leicht ist es jedoch nicht. Je tiefer die Interpretation unsere alten Wunden trifft, umso eher lassen wir uns von ihr gefangen nehmen. Umso schwieriger ist es auseinander zu sortieren, auf welcher Seite die Botschaft nun schief abgebogen ist. Was hilft ist Abstand, ein gutes Gespräch, hinfühlen was da an alten Themen vielleicht hochkommt und eigentlich versorgt und aufgearbeitet werden will. Anstatt sich in Konflikte auf Nebenschauplätzen zu verstricken, die nur vom eigentlichen ablenken. Also zum einen herausfinden, was da so im Hintergrund schmerzt. Und Wege suchen, um dieses Thema zu bearbeiten.

Und zweitens mit dieser Einordnung und Korrektur die nötige innere Distanz schaffen, um sich wieder neu auf den Kontakt einzulassen, der vielleicht ein bisschen holpert. Aber gleichzeitig die Chance hat besser zu werden und eine wunderbare Möglichkeit ist zu lernen, dass ich mich in derartigen Konflikten anders verhalten kann, was andere Reaktionen zur Folge hat und damit neue Erfahrungen ermöglicht.

Und wenn wir das dann immer wieder und mit sanft steigendem Schwierigkeitslevel üben, nähern wir uns beständig eben dieser Autonomie. Nicht einfach, aber lohnt. Sehr sogar.

Entwicklung ist keine gerade Linie

Rückschläge sind auf dem Weg normal. Und ja, die sind schmerzhaft – wie ich gerade selbst nach längerer Zeit mal wieder erfahren musste. Umso wertvoller zu merken, wieviel schneller man mit der Zeit damit umgehen kann. Wie wohltuend es ist zu merken, dass man solche Situationen lösen kann, statt ihnen ausgeliefert zu sein. Was dann mit dem nötigen Mut versorgt weiter zu machen.

Eine neutrale, umsichtige Begleitung wie ein Coach, Therapeut aber ggf. auch ein gute:r Freund:in ist auf dem Weg Gold wert, um beim inneren Abstand zu helfen. Denn den eigenen Wald sieht man vor lauter Bäumen immer am schlechtesten, auch wenn einem das bei anderen problemlos gelingt.

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