Siebenschön – die Fragen

Und hier kommen die Fragen von Michou / Andrea zu meinem Artikel über Siebenschön: Schönheit und die Sache mit der Selbstliebe. Danke Dir für diese großartigen Fragen!

Frage 1: Gibt es einen Unterschied zwischen
„Ich bin schön.“ und „Ich finde mich schön.“?

Natürlich ist da ein Unterschied. Zwischen einer allgemeingültigen Feststellung und einer Meinungsbekundung. Aber wer will das schon definieren? Wikipedia sagt über Schönheit so Dinge wie „abstrakter Begriff / philosophische Disziplin der Ästhetik / von Wertvorstellungen, Bewertungsmaßstäben und Bewertungszielen abhängig / evolutionär vorteilhafte Eigenschaften / Taille-Hüft-Verhältnis / Symmetrie und sogar Wahrheit“. Lohnt sich zu lesen.

So ganz definitiv und allgemeingültig wird das also keiner behaupten können. Die absolut perfekte Schönheit aus allen möglichen intellektuellen Blickwinkeln in einem realen Menschen wird es vermutlich auch nicht geben. Also zählen wieder Wertvorstellung, Bewertungsmaßstab und Ziel. Das bestimme in dem Moment ich. Also ist «Ich bin schön» eine allgemeingültige Wahrheit – für mich. Ich gestehe jedem zu, das anders zu sehen. Und doch wird es mir umso leichter fallen ein „Du bist schön“ zu sagen, dass beim Gegenüber auch umfassend ankommt, je mehr ich es mir selbst auch zugestehe. Und es steht völlig außer Frage, das in jedem Menschen schöne Seiten zu entdecken sind. Um die geht es, zu denen darf ich stehen und sie als maßgeblich ansehen.
Also macht die unterschiedliche Ausdrucksweise – auf die ich bei Kritik sehr viel Wert lege – in dem Fall keinen Unterschied. Finde ich.

Frage 2: Obwohl du ein klar definiertes Schönheitsideal hast, plädierst du für einen intensiveren Blick auf die innere Schönheit, die der Seele. Wie gut gelingt dir das, wenn du auf einen Menschen triffst, der optisch deinem Ideal gar nicht entspricht – gewinnt das Äußere dennoch bei dir?

Früher hätte ich eindeutig ja sagen müssen. Mittlerweile werde ich besser die innere Schönheit leuchten zu sehen und diesen Detailblick zulassen zu können, ohne zu bewerten. Trotzdem gibt es Dinge, die ich attraktiver oder weniger attraktiv finde.

Aber wenn jemand ein Äußeres hat, das ich partout nicht hübsch finden kann, hab ich es auch noch nie erlebt, dass dieser Mensch viel Liebe für sich und andere ausgestrahlt hat. Ich habe bei den früheren Fragen beschrieben, was ich schön bzw. hübsch finde. Nach meiner Erfahrung korreliert das ganz häufig mit einer inneren Schönheit. Und das kann vom tätowierten Biker in Kutte über die zarte Elfe im Blümchenkleid zur farbigen Big Mama im leuchtenden WaxPrint bis zum komplett durchschnittlichen Hipster echt alles sein. Und wir alle kennen dieses Zitat von Christian Morgenstern:

«Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.»

Da glaube ich ganz fest daran. Einen Menschen, den ich liebe werde ich immer schön finde. Auch wenn ich „objektiv“ sehe, dass da einige Dinge nicht den typischen Idealen entsprechen. Und dann kann es passieren, daß ich mich bei einem Foto plötzlich über den roten Fleck auf der Wange meines Mannes wundere und nachfrage. Woraufhin er und Töchterchen mich darüber aufklären, dass der da schon immer war. Habe ich ihn nie bewusst angesehen oder einen Makel einfach übersehen? Muss ich mir von einem Pickel auf meiner Wange dann den Tag verderben lassen? Wohl kaum.

Ich habe vor über einem Jahr den langen Ausbildungsweg zur Transaktionsanalytikerin begonnen. Eines der wundervollsten Erlebnisse war, wie sich an einem bestimmten Event nach und nach alle mit ihren tiefsten Sorgen, Ängsten, Verletzlichkeiten zeigten. Ihr glaubt gar nicht wieviel Schönheit man anschließend in diesen Menschen entdeckt. Völlig unabhängig davon wie schön, sympathisch oder zugänglich man sie vorher erlebte. Wenn man die pure Seele sieht, sieht man auch die schönen Anteile darin und die kann man ins Herz schließen. Und dann sieht man eben anschließend die Schönheit in diesen Menschen. Klingt das esoterisch verschwurbelt? Egal. Funktioniert erstaunlicherweise auch irgendwie bei einem selbst. Aber ich vermute da ist professionelle Unterstützung extremst hilfreich.

Was manchmal passiert ist, dass ich denke „schade, der Mensch könnte mehr aus sich machen“. Da ist das Farbtypenthema zum Beispiel wieder oder spezielle Details, Silhouetten. Aber das darf ja das besondere i-Tüpfelchen bei wenigen Menschen sein und ist und bleibt sehr individuell. Das ist dann quasi das Add On zum Highlight nach meinem persönlichen Geschmack. Grundlegende Schönheit ist da was anderes, s.o.

Wenn ein Mensch allerdings wiederholt Bösartigkeit verbreitet, wird mir dieser Blick ziemlich verstellt. Dann sehe ich tatsächlich trotz aller vielleicht sogar „gesellschaftlich schönheitskonformen“ Details eine ziemlich hässliche Fratze. Und ich sehe es nicht als meine Aufgabe, mich dem auszusetzen, da ich sicher nichts daran ändern kann, solange der Mensch es nicht selber will. In solchen Fällen versuche ich also mich so gut es geht fern zu halten.

Frage 3: Leben wir in einer Zeit, in der wir zwar alle sagen sollen, wie schön wir alle finden, uns aber gleichzeitig nicht zu sehr schätzen sollen?

Ja, genau das. Irrsinnig, oder? Zeit das zu ändern!

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