Siebenschön 

7 Frauen reden über Schönheit, nachdem die liebe Michou/Andrea uns dazu eingeladen hat. Offen, ehrlich, manchmal zögernd, zweifelnd, aber neugierig und wertschätzend. Welch wundervolle Erfahrung. Wieder einmal zeigt sich…

Der eigene Horizont definiert das eigene Universum.

Wie schwer ist es, sich wirklich in andere hinein zu fühlen. In jemanden der so ganz anders ist mit seiner Herkunft, Prägungen, Erfahrungen, Ängsten und Wünschen. Anderseits trifft das auf alle Menschen zu… wenn man sie genauer betrachtet. Aber dieses genauer betrachten muss man eben zulassen. Und genau daran scheitert es, denn es ist gar nicht so einfach die Zerbrechlichkeit unter dem sorgsam gehegten Schutzpanzer zu zeigen.

Ausgesprochen passend lief mitten in dieser Phase der Film ‚EMBRACE. Du bist schön‘ für einen Tag in den Kinos. Dieses sich selbst annehmen und einfach die eigene Schönheit erkennen klingt wundervoll. Und so einfach. Vielleicht ist es das auch. Aber dürfen wir das?

Und warum tun wir es nicht?

Ich habe mich nach diesem Film mehrfach gefragt, ob es wirklich so viele sind,  die ihren eigenen Körper so sehr hassen, wie man es dort zu hören bekommt. Es liegt außerhalb meines Universums. Trotz aller unglücklichen Verschachtelungen in meinem Leben ist da irgendwo ein passables Maß an gesunder Selbstliebe in mir verankert. Für die ich sehr, sehr dankbar bin.

Auch in Zeiten in denen mein Körper so gar nicht meinen optischen Idealen entsprach, konnte ich mich noch freundlich im Spiegel ansehen. Habe ich mich bedenkenlos in Sauna oder Schwimmbad getraut «Ist mir doch egal, was die anderen denken. Gibt schließlich auch schöne Seiten an mir und ich bin eh nicht zur optischen Bereicherung anderer da.» Selbstverachtung ist mir fremd.

Noch viel unerklärlicher ist sie mir, wenn sie sich scheinbar bruchstückhaft nur auf einzelne Bereiche bezieht. Aber ich bin neugierig und höre gerne zu. Gleichzeitig merke ich, wie schwer es mir fällt, dabei offen zu bleiben. Ehrlich zu sagen, wie gut es mir mit mir selbst geht. Darf ich sagen, dass ich gerne in den Spiegel sehe? Darf ich mich schön finden? In vollem Bewusstsein meiner Unperfektheit. Und obwohl ich parallel nach Veränderung strebe, weil ich weiß, das mir das gut tut. Es scheint in anderen Ohren seltsam, arrogant, stolz, unsympathisch zu klingen.

Aber ist es nicht genau das, was wir allen Menschen wünschen?

Liebevolle Selbstannahme und -bewusstsein. Doch wie gut können wir etwas erreichen, wenn genau das wonach eigentlich alle streben, gleichzeitig so negativ ausgelegt wird?

Die Diskussionen endeten immer und immer wieder damit, dass wahre Schönheit tatsächlich von innen kommt. Im Idealfall mit äußerer – ich nenne sie zur Abgrenzung jetzt mal – Hübschheit zusammentrifft. Die zwar oft mit den typischen  Idealen zusammentrifft, aber nicht unbedingt muss und ganz viele Spielarten erlaubt. Und dass diese innere Schönheit in der Lage ist ganz, ganz viel Äußerliches zu überstrahlen.

Dann müssen wir sie aber bitte auch erlauben!

Mir scheint es in Diskussionen, dass die Wertschätzung des anderen vor allem dann gut ist, wenn man sich selbst dabei abwertet. „Also ich finde Dich wunderschön, Du hast eine ganz wundervolle Ausstrahlung und Deine harmonischen Kurven und so, ganz toll. Und ich weiß gar nicht was Du an mir findest, guck doch mal diese Falten hier an und diese Speckröllchen.“

In der Bibel heißt es „Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst.“ Selbstliebe ist da die selbstverständliche Grundlage um dem anderen in Liebe zu begegnen. In der Transaktionsanalyse ist es die Grundhaltung „Ich bin OK, Du bist OK“. Wir beide sind gut und richtig. Egal ob ich mich selbst klein mache und andere auf den Sockel hebe oder andere von oben herab runtermache…

Da stimmt was mit der Selbstliebe nicht!

(Und zwar mit der gesunden Selbstliebe, ich rede nicht von Narzissmus, das würde wieder andere runtermachen beinhalten). In dem Film kamen mehrere Frauen vor, die mit sich selbst Frieden geschlossen hatten, scheinbar. Besonders bemerkenswert waren eine Australierin, deren Körper und Gesicht komplett von Brandnarben gezeichnet war und eine in London, die an starkem Bartwuchs litt. Beide strahlten eine solche Liebe mit sich und der Welt aus, dass sie wahrhaft inspirierend wirkten. Sie mussten sich komplett von der Beurteilung anderer lösen, um mit ihrem Äußeren Frieden zu schließen. Und vermutlich fällt es vielen leichter es diesen Frauen abzunehmen, weil sie eben definitiv keinem Ideal mehr entsprechen. Ob einer Lena Gercke oder einer Barbara Meier (GNTM Gewinnerinnen 2006 und 2007) gegenüber genauso dankbar und herzlich begegnet wird, bei der gleichen Haltung und Aussage? Wohl kaum. Nur warum nicht?

Dürfen wir gleichzeitig innen und außen schön sein?

Scheinbar nicht. Je näher man an das Ideal gelangt, umso eher kennt man wohl aggressive, vernichtende, herablassende Kommentare. Manchmal sogar völlig irrationale Vorwürfe von guten Freundinnen.

Weil es einem dann vor Augen führt wie unzulänglich wir selbst sind? Dann sollte uns das eigentlich ein Zeichen sein, den Blick von den anderen abzuwenden und nach innen zu gucken. Selbstliebe heißt sich von der Bewertung der anderen lösen. Im negativen wie im positiven. Sich schön finden, weil man sich schön findet, nicht weil andere einen so bezeichnen. Etwas für sich tun, weil man sich um sich selbst kümmert, nicht weil man dem Ideal Anderer hinterherhechelt.

Nicht einfach, aber lohnend.

Wenn man das begriffen hat, käme man auch nicht auf die Idee andere dafür anzugreifen, dass sie schön sind. Ihnen aus heiterem Himmel vorzuwerfen, dass sie nach Anerkennung lechzen, weil sie Komplimente bekommen. Sie anzugiften, sie würden idiotischen Idealen hinterherhecheln, weil sie etwas für ihre Gesundheit tun. Über Magersucht und Freudlosigkeit lästern, weil jemand anderes schlank ist. All das ist mir (außerhalb unserer kleinen feinen Gruppe) in letzter Zeit begegnet und macht mich wütend und traurig zugleich.

Ich bin überzeugt, wenn wir alle unsere Energie mehr der inneren Schönheit widmen, gibt es auch im Außen mehr schönes zu sehen. Ein Therapeut oder Coach hat da übrigens eine deutlich langfristigere Wirkung als teure Tagescreme, Designerkleid und HighHeels zusammen.

Und dann trauen wir uns bitte auch dazu zu stehen! In diesem Sinne…

Ich bin schön. Jetzt Ihr!

Ich bin sehr gespannt, welche Fragen da jetzt von Andrea folgen werden.

7 Kommentare

  1. Stella

    Ein wunderschöner Text.
    Er trifft mich mitten ins Herz. Und lässt mich in diesen unruhigen Tagen wieder mehr in meine Mitte gelangen.
    Hach.
    Danke !

    • Liebe Stella, Du glaubst gar nicht wie sehr ich mich über Deine Worte freue. Danke Dir!

  2. Darf ich bitte ganz viel in diesem Blogpost unterstreichen und Ausrufezeichen daneben malen? (Und ein paar Herzchen, wenn ich schon dabei bin?)
    Ich finde natürlich auch ganz viel von unserer Samstagabendunterhaltung darin, was mich natürlich doppelt freut. 😀

    Liebe Grüße,
    Sabrina

    • Sehr gerne – die Herzchen natürlich ganz besonders. 😉
      Und logisch fließen da Gedanken ein, die mit so wundervollen Gesprächspartnern passieren und sich im Kopf zu einem Ganzen formen.
      Liebe Grüße zurück!

  3. Ich versuche mich selber immer zu lieben. Klappt mal mehr und mal weniger gut. Wie vermutlich bei den meisten Frauen. Und auch Männern. Ich finde es schade, dass solche Texte meist gegendered sind, denn auch Männer sind unsicher…

    • Interessanter und natürlich völlig richtiger Aspekt. In unsere Gruppe sind nur Frauen und auch im Film kamen nur Frauen zu Wort, von daher entsteht der Eindruck. Meine Worte sind eigentlich bewusst neutral. Dennoch glaube ich, dass das Thema bei Frauen tatsächlich oft drängender ist..
      Obwohl ich es sehr bereichernd fände ähnliche Diskussionen mit einem Mann zu führen! Falls Du einen kennst.. gerne.

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